Oepfelchammer

In diesem Traditionslokal herrschen nicht nur für die Gäste strenge Regeln, sondern auch für die Betreiber Chris Gretener, Thomas Trautweiler und Bendicht Stuber.

In der Oepfelchammer vergass einst Gottfried Keller die Zeit. Heute wird das Lokal vom jungen Gastronomen-Trio Chris Gretener, Thomas Trautweiler und Bendicht Stuber geführt – und von Touristen, Stadtzürchern und Schulklassen besucht.

In die dunklen Holzwände, in die Tische und in die Stühle der Weinkammer der Oepfelchammer sind die Namen unzähliger Gäste eingeritzt. Sie alle haben die vermutlich älteste und bekannteste Challenge der Stadt bestanden: die Balkenprobe in der Oeli. Nur wem es gelingt, über zwei Deckenbalken zu klettern, kopfüber aus einem Zinnbecher Weisswein zu trinken und sich auf der anderen Seite wieder herunterzuhangeln, darf sich im Holz verewigen.

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Die Oeli – so heisst die Oepfelchammer im Volksmund – hat schon seit über 650 Jahren ihren festen Platz im Niederdorf. Zu Beginn dörrten die Nonnen des benachbarten St.-Verena-Klosters im Gebäude ihre Äpfel – daher auch der Name. 1801 wurde schliesslich ein Wirtshaus daraus, das bis heute seine Einrichtung und damit das typische Ambiente beibehielt.

Das Trio hat sich verpflichtet, die Traditionen der Gaststube aufrechtzuerhalten.

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So ist der Speisesaal mit der dunklen Holzvertäfelung und den Butzenglasscheiben noch wie zu Gottfried Kellers Zeiten. Dieser wohnte damals praktisch um die Ecke und sei dem Weinsortiment des Hauses nicht abgeneigt gewesen, wie Gastronom Chris Gretener weiss. «Gottfried Keller hat den Wein sogar so gemocht, dass er in der Oeli den Antritt als Stadtschreiber beinahe vergass», erzählt er.

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Seit Februar 2019 betreibt Chris gemeinsam mit Thomas Trautweiler und Bendicht Stuber die Oepfelchammer – ohne die Balkenprobe bestehen zu müssen. Doch das Trio hat sich verpflichtet, die Traditionen der Gaststube aufrechtzuerhalten. Denn für die Oeli gibt es eine ganze Liste mit Regeln. So dürfen Gäste nicht um Durchlass bitten, sondern müssen über den Tisch klettern – oder unten durch kriechen. Bei Musik sollen sie nicht applaudieren, sondern auf den Tisch schlagen – oder ihre Begeisterung mit einem spendierten halben Liter Wein ausdrücken. Wer die Regeln missachtet, wird bestraft. Zum Beispiel, indem er einen «Foifliber» zahlen oder eine Karaffe für den Stammtisch spendieren muss. «Wir müssen bei Regelverletzungen nicht intervenieren. Das erledigen die Stammgäste», erzählt Chris.

So ist der Speisesaal noch wie zu Gottfried Kellers Zeiten.

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Die Betreiber haben eine Speisekarte kreiert, die zum rustikalen Ambiente der Oepfelchammer passt. Dafür haben sie in Antiquariaten nach alten Kochbüchern gesucht. «Wir wollen alte zürcherische Rezepte neu aufleben lassen», sagt Thomas. Das war nicht immer einfach – nicht nur wegen der Schrift, die heute kaum jemand lesen kann. Auch anderes hat sich seit 1800 verändert. Als die Betreiber zum Beispiel Aal bestellen wollten, brockten sie sich beinahe grossen Ärger ein. «Der Fischhändler meinte, der Aal sei inzwischen auf der Liste der geschützten Tierarten», erzählt Thomas. So kam stattdessen eine Rindszunge auf die Speisekarte. Doch auch sonst wurden Menüs modernisiert, indem sie vom Chefkoch Tristan Kerber beispielsweise mit frischeren Zutaten oder kalorienärmer zubereitet werden. Nachhaltigkeit ist dem Team der Oepfelchammer ein Anliegen. Das Brot stammt zum Beispiel von Äss-Bar, das Wasser von Lokales Wasser 37. «Wir beziehen unsere Produkte, wo immer möglich, regional», sagt Chris.

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«Es kommen noch immer viele Studentenverbindungen und Zünfte in die Oepfelchammer, das hat Tradition», sagt Thomas. An diesen Abenden wird in der ältesten Weinstube Zürichs kräftig mitgesungen. Das Gästepublikum sei sonst bunt durchmischt, von jung bis alt, von Stadtzürchern bis Touristen. Auch viele Schulklassen melden sich an. Sie wollen sehen, wo denn Gottfried Keller sass und was es mit den urchigen Gebräuchen in der Oepfelchammer auf sich hat.

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Natürlich sei das Übernehmen einer so traditionsreichen Wirtschaft keine einfache Aufgabe. «Denn Tradition verpflichtet auch», sagt Thomas. Er und seine zwei Kollegen stammen aus dem Kreis der Zürcher Zünfte. Ihnen liegt das Brauchtum am Herzen. Und so ist klar: «Wir werden dafür sorgen, dass mit der Oeli die Geschichte weiterlebt.»

Adresse

Oepfelchammer
Rindermarkt 12
8001 Zürich
+41 44 251 23 36
Website

Öffnungszeiten

Dienstag bis Freitag, 11.30–14 Uhr, 18–00 Uhr
Samstag, 18–00 Uhr