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«Ich bin eine Rampensau»

Fotos: Tadah / Gataric Fotografie

Steffi Hidber hat das Selbstbewusstsein von 20 Magermodels zusammen. Als erfolgreichste Schweizer Beauty-Bloggerin und Mama zweier Töchter schminkt sie sich also nicht, weil sie sich nicht wertig fühlt. Im Gegenteil.

Du hast ein grosses Selbstbewusstsein. Wie bist Du dazu gekommen?

Ein Teil davon bin wohl einfach ich. Ein Teil davon hat Amerika aus mir gemacht. Ich bin bis 12 in den USA aufgewachsen. Ich ging gerne zur Schule. Die Lehrer sind da etwas übertrieben. Sie geben dir dauernd das Gefühl, in dem Bereich, in dem du gut bist, hochbegabt zu sein. Das hilft.

Half das auch bei der Rückkehr in die Schweiz?

Ich bin eine Rampensau. Als ich hier zu meiner neuen Klasse sagte: «Hi I'm Steffi and I'm from California» haben mich wohl alle für nicht ganz 100 gehalten. Ich war laut, selbstbewusst, sprach kaum Deutsch, war schlecht in Mathe und wollte vor allem eines: zurück nach Hause.

«Seit 12 Jahren bin ich selbstständig.»

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Es war schwierig?

Sehr. Ich fand hier so ziemlich alles doof. In Amerika wurde uns immer gesagt: Du gehst aufs College und kannst Schriftstellerin werden. Hier hiess es: Wenn du Glück hast, wirst du Floristin.

Du hast also Deine Rückkehr geplant. Und trotzdem sitzen wir heute zusammen in Zürich.

Ich wollte nach der Sekundarschule zurück in die USA und dort in die High School. Es war alles schon organisiert. Und dann bin ich zum Glück im Sommer davor alleine nach Amerika zu meinen Freundinnen.

Kooperation

Bei Tadah dreht sich alles um die Vereinbarkeit – im Online-Magazin mit spannenden Interviews mit Eltern und im ersten Schweizer Coworking Space mit Kinderbetreuung. Ob mit oder ohne Kind – schaut doch vorbei auf tadah.ch. Oder direkt im wunderschön eingerichteten Space in Zürich Albisrieden.

«Ich finde nichts schlimmer als langweilige Menschen.»

Wieso zum Glück?

Die waren alle so seltsam geworden. Die erste hatte nur Jesus im Kopf, die zweite nur Drogen und die dritte nur Sex. Und ich da wurde mir bewusst, dass ich da doch nicht mehr hingehöre. Zurück in der Schweiz war ich dann also bereit, auch hier zu bleiben. Ich war quasi angekommen.

Sich selbst toll finden. Hilft das – oder hindert es?

Es hilft mir extrem. Aber ich kann mich schon auch gut selbst einschätzen. Seit 12 Jahren bin ich selbstständig. Zuerst habe ich Buchhändlerin gelernt und bin dann beim Radio gelandet – ohne Ausbildung dafür. Ich wollte das machen, also habe ich es getan. Und beim Schreiben war es dasselbe.

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Wie hast Du damit angefangen?

Es hatte auch viel mit den Kindern zu tun. Das Konzept von Zuhause aus zu arbeiten, fand ich toll. Also habe ich mich als Texterin und Journalistin selbstständig gemacht. Und mich gleich als erstes bei der Annabelle beworben. Gleich oben anfangen, habe ich mir gedacht – und es hat geklappt. Heute ginge das wohl nicht mehr.

Du schreibst, was Du toll findest und Du erreichst, was Du willst.

Genau. Ich finde nichts schlimmer als langweilige Menschen. Ich bin eine Popcorn-Journalistin. Ich mache gerne flauschige Sachen. Sachen, die Spass machen – für gute Geschichten habe ich einen Riecher. Und mir ist es immer leicht gefallen zu wissen, was die Leute lesen wollen – auch wenn sie das wohl nicht zugeben würden. Ein Porträt über einen erfolgreichen Architekten und seinen Wunderbau? Das langweilt mich. Und darin bin ich wohl auch nicht gut. Es gibt Leute, die haben das gelernt, also sollen sie das machen.

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Wie bist Du zu Deinem Blog gekommen?

2006 habe ich beim Wir Eltern die Beautyseite übernommen. Das fand ich sehr spannend, denn ich musste mich in ein ganz neues Gebiet einarbeiten und hatte keinerlei Kontakte. Aber ich liebe Beauty und die dazugehörigen Produkte. Als ich also den Draht zu all diesen PR-Kontakten der Beautyindustrie hatte, wurde ich gefragt, ob ich nicht einen Beautyblog kenne aus der Schweiz mit dem sie zusammenarbeiten könnten. Es gab nichts. Bloggen fand ich cool, bloggen konnte ich auch – also habe ich es getan.

Wie finden Dich Deine Töchter? Und wie finden sie Deinen Blog?

Sie finden mich immer noch cool, beziehungsweise sehr selten peinlich - ich frage sie nämlich immer wieder. Denn eine Zeitlang hatte ich eine Familienkolumne bei Wir Eltern. Und eines Tages haben sie mir dann gesagt, dass sie es nicht lässig finden, dass Leute in unser Familienleben reinschauen und meine Kinder dann fragen: Hast du immer noch Läuse? Kurz: Ich muss meine Kinder schützen. Mittlerweile finden sie es aber wieder ziemlich cool und wollen ein Teil davon sein.

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Wie empfindest Du denn die heutigen Jugendlichen?

Sie sind sehr angepasst. Sie sind brav und anständig. Aber es gibt eben diese andere Komponente, die ich schwierig finde: Unsere Kinder sind sehr viel Zuhause, denn alles läuft übers Telefon. Sie gehen nicht mehr raus. Und wenn treffen sie sich zu Housepartys via Whats App.

Überfordert sie die reale Welt, weil sie diese nur noch über den Bildschirm kennen?

Ich habe das Gefühl ja. Sie können in so viele Dinge eintauchen via Internet, dass sie das Gefühl haben, die Realität nicht mehr zu brauchen. Aber das wird sich hoffentlich wieder ändern – die Teniezeit wird vorübergehen.

Ist die Internet-Blog-Welt eine perfekte Welt?

Ein wenig. Ich bin froh, gab es die Mami-Blogs noch nicht, als ich kleine Kinder hatte. Man gibt den Leuten das Gefühl, dass sie nichts im Griff haben. Als Beauty-Blogger habe ich das Glück, dass es eh eine sehr inszenierte Welt ist - das liegt in der Natur der Sache. Und es tut manchmal gut, in eine fiktive Realität abzutauchen. Es ist ein bisschen wie Vogue lesen: Man weiss, dass dies nicht die Realität ist – oder besser: nicht unsere Realität.

«Ich schminke mich nicht, weil ich mich hässlich finde.»

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Verstecken sich Frauen hinter Makeup?

Gibt es. Aber eigentlich ist Makeup eine Kunst und ein Ausdruck. Ich sehe es wenig, dass Leute sich schminken, weil sie sich verstecken wollen. Ich glaube, eher das Gegenteil der Fall.

Gibt es typische Makeup-Fehler?

Oh ja. Die Instagram-Augenbrauen. Diese Balkenaugenbrauen sind eine Modeerscheinung, die im richtigen Leben einfach nicht gut ausschaut. Auf Fotos hingegen wirken sie super. Die falsche Makeup-Farbe macht mich auch wahnsinnig. Wenn du also siehst, jemand hat Foundation aufgetragen und der Hals hat eine andere Farbe, finde ich das grässlich. Oder zu dicke Foundation, das Zuschminken des Hautbildes. Generell bin ich aber fürs Experimentieren: Es darf auch mal glitzern und blau sein.

Würdest Du ungeschminkt zum Haus raus?

Nein. Ich würde aber auch nie ungeschminkt zu Hause sein.

Widerspricht es sich, selbstbewusst zu sein, sich zu schminken und Diäten zu machen?

Finde ich überhaupt nicht. Ich weiss, dass ich aus gesundheitlichen Gründen 10 Kilo abnehmen müsste. Aber ich treffe keine Entscheidungen, weil ich mich nicht wertig fühle. Ich schminke mich nicht, weil ich mich hässlich finde. Und ich nehme nicht ab, weil ich es schlimm finde, dick zu sein. Wenn ich etwas tue, dann möchte auf irgendeine Art und Weise meine Lebensqualität steigern.

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Dieses Interview erschien im Juli 2018 auf Tadah.ch. Mittlerweile sind Steffis Töchter 16 und 18 Jahre alt. Sie arbeitet 110 Prozent und findet das prima so.