Menschen & Leben | Besondere Berufe

«Als Hundesitterin brauche ich ein dickes Fell»

Zürcher*innen mit besonderen Berufen: Claudia Zander ist Dogsitterin. Sie betreut Hunde anderer Menschen, mitunter auch die von VIPs. Mit ihrem Hundedienst «gehlaufen» sorgt die ehemalige Marketing-Fachfrau seit 17 Jahren dafür, dass die Vierbeiner eine schöne Zeit verbringen und viel Bewegung haben. Ist sie mit ihrem Rudel draussen unterwegs, muss sie sich manchmal gehässige Kommentare anhören. Trotzdem kann sie sich keine schönere Tätigkeit vorstellen.

Claudia Zander ist auf die Betreuung von Hunden spezialisiert. Sie bietet Tagesplätze sowie einen Spazierservice für Vierbeiner an. Am Vormittag holt sie die Tiere ab und fährt sie im Auto direkt zum Startpunkt des Spaziergangs. Den Mittag verbringen die Hunde bei ihr im speziell eingerichteten Hort, danach geht es erneut raus in die Natur zum Laufen und Spielen. Bis zu acht Hunde sind tagsüber bei ihr.

«Wer meint, ein Hundesitter habe einen easy Job, täuscht sich. Klar ist es schön, dass ich in der Natur unterwegs sein kann, aber zu meiner Arbeit gehört auch viel Verantwortung. Einerseits darf natürlich den Tieren nichts passieren, anderseits darf auch niemand durch sie zu Schaden kommen. Dazu gehört auch, dass ich die Natur sowie andere Tiere respektiere. Ich muss ständig aufmerksam sein, wenn ich unterwegs bin, denn wenn sich eine Joggerin, ein Reiter oder ein Traktor nähert, muss ich meine Hunde sofort abrufen können. Draussen bleibt mein Handy deshalb immer in der Tasche. Ich habe es nur für Notfälle dabei.»

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«Wer meint, ein Hundesitter habe einen easy Job, täuscht sich. Zu meiner Arbeit gehört auch viel Verantwortung.»

Viele ihrer Schützlinge wohnen im gleichen Quartier wie Claudia Zander, das heisst im Englisch-Viertel im Kreis 7. Ein paar Ganztagesgäste kommen aus den angrenzenden Gemeinden Zumikon, Zollikon oder Küsnacht. Die Nähe ist wichtig, denn so verbringen die Hunde die Zeit beim Spazieren und nicht im Auto. Einige der Kund*innen sind aus der Zürcher High Society oder beruflich sehr eingespannt und können ihren Vierbeinern zeitlich nicht den nötigen Auslauf bieten. Andere sind ältere Menschen, die nicht mehr gut zu Fuss sind. Manche möchten auch einfach, dass ihr Hund soziale Erfahrungen im Rudel machen kann, wie Kinder in einer Spielgruppe.

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«Für mich sind alle Kund*innen gleich wichtig. Sie vertrauen mir ein liebes Familienmitglied an, und das schätze ich. Dass ich verschiedene Rassen in einem Rudel habe, ist kein Problem, sie vertragen sich bestens. Kommt ein neuer Hund dazu, nehme ich ihn samt Besitzer*in auf einen Probespaziergang mit, damit ich sehe, ob er in die Gruppe passt.»

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Claudia Zander erzählt voller Begeisterung von ihrem Beruf. Die Arbeit mit den Hunden, das Vertrauen und die Wertschätzung sind ihr wichtig. Es sind Werte, die sie in ihren früheren Jobs vermisste, als sie im Marketing für grosse Unternehmen und in der Filmbranche tätig war.

«Ich arbeitete immer sehr gerne. In diesen Jobs drehte sich aber vieles nur um den kommerziellen Erfolg, während das Zwischenmenschliche auf der Strecke blieb. Deshalb suchte ich eine Tätigkeit, bei der das anders ist und die ich mit meinem Wunsch, einen eigenen Hund zu haben, vereinbaren konnte.» 

Inspiriert von Dogsitting-Diensten in den USA, wo sie länger gelebt hat, machte sie sich 2004, kurz vor ihrem 30. Geburtstag, selbstständig und gründete die Firma gehlaufen, den ersten professionellen Hundeservice in der Stadt Zürich. Ein Tagesplatz kostet 90 Franken, ein ausgiebiger Spaziergang 49 Franken.

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«Einige ‹Freunde› haben nicht verstanden, dass ich die Filmbranche und meine High Heels gegen einen Hundedienst und Gummistiefel eintauschte.»

«Ich habe ein rentables Geschäft und gleichzeitig eine bereichernde Tätigkeit, weil ich den ganzen Tag mit Hunden in der Natur sein und zudem meinen eigenen Husky immer dabeihaben kann. Allerdings wurde ich anfangs für meinen Job belächelt. Einige ‹Freunde› verstanden nicht, weshalb ich die Filmbranche und meine High Heels gegen einen Hundedienst und Gummistiefel eingetauscht habe. Ich bin aber stolz auf meine Tätigkeit, denn schliesslich führe ich seit 17 Jahren ein erfolgreiches Kleinunternehmen und kann allen empfehlen, ihrem Traum zu folgen.»

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Wenn Claudia mit dem Rudel unterwegs ist, erregt sie Aufmerksamkeit. Die eingefleischten Spaziergänger*innen, die Bauern aus der Region und der Wildhüter kennen sie und wissen, dass sie einen seriösen Job macht. Begegnet sie jedoch Menschen, die sie nicht kennen, kommt es manchmal zu unangenehmen Situationen.

«Als Hundesitterin brauche ich ein dickes Fell, denn ich werde oft angefeindet. Im Lockdown war es besonders schlimm, denn da waren viele Menschen im Wald unterwegs, die es sonst nicht sind. Sie regten sich etwa darüber auf, dass Hundebesitzer*innen die Tiere von mir betreuen lassen, oder sie beklagten sich über den Geruch der Hunde, obwohl wir ja draussen waren. Solche Kommentare ignoriere ich. Wichtig ist mir das Lob des Wildhüters, wenn er mir sagt, dass ich einen guten Job mache. Die schönste Belohnung aber sind die glücklichen und müden Hundeaugen am Abend.»

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