Zu Besuch bei | Menschen & Leben

«Das Haus war eine Ruine»

Text: Eva Hediger Fotos: Jasmin Frei

Tony und Bettina leben in einer 470 Jahre alten Liegenschaft direkt am Zürichsee. Das klinge luxuriöser, als es eigentlich sei, sagen sie. Wir haben das Ehepaar in seinem geschichtsträchtigen Daheim besucht.

«Wir schätzen uns sehr glücklich. Wir haben alles, was wir wollten», sagt Tony und lächelt zufrieden. Seine Frau Bettina sitzt neben ihm und bestätigt.

Das Ehepaar spricht über sein Zuhause der letzten 28 Jahre – ein altes Haus in Erlenbach in direkter Seenähe. «Viele denken deshalb, dass wir abgeschieden oder gar in Luxus leben würden», erzählt Bettina. Doch das Haus liegt mitten im alten Dorfkern, umgeben von Läden und von Leben. «Wir bekommen fast alles mit, was in Erlenbach läuft», berichtet Tony. Auf dem nahen, mittlerweile autofreien Gemeindeplatz finden die unterschiedlichsten Anlässe statt – von der Chilbi über das 1.-August-Fest bis hin zum Open-Air-Kino.

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Als das Paar Mitte der Neunziger nach Erlenbach zogen, kannten sie das Dorf gut: Tonys Eltern hatten bereits dort gelebt, ebenso er selbst – erst in einer WG, dann für eine Weile mit seiner eigenen Familie.

Dann zogen Bettina und Tony für vier Jahre nach Zürich – und kehrten nach der Geburt von Zwillingen in die Seegemeinde zurück. Von ehemaligen Nachbarn erhielt die Familie den Hinweis, dass ein Haus im Dorfkern zum Verkauf stehe. «Es war eine totale Ruine», erinnert sich Tony. Auch die unmittelbare Nähe zu einem – mittlerweile geschlossenen – Restaurant schreckte viele Interessierte ab. Der Kaufpreis war realistisch.

«Es gibt nichts, was das  Haus einmal nicht war.»

Bettina

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Bettina und Tony sahen das Potenzial des 470 Jahre alten Hauses. Gemeinsam mit einem Architekten plante das Paar die Renovationen. «Wir gingen Schritt für Schritt vor», erinnert sich Tony. An einigen Stellen war das Haus in einem schlechteren Zustand als ursprünglich gedacht. «Wir wollten eigentlich mehr alte Bausubstanz bewahren, aber es war schlicht nicht möglich», so Tony. «Doch das, was uns wirklich am Herzen lag, konnten wir retten.»

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Der Umbau sei schliesslich gut gelungen – auch finanziell. Bettina: «Das Haus ist nicht luxuriös, aber es hat Charme.» Das hat auch die Einrichtung, die grösstenteils aus alten Möbeln besteht. «Wir wollten kein Designrefugium», erklärt sie.

Gäste fühlen sich hier wie in den Ferien.

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Bettina und Tony kennen die Geschichte ihres Hauses gut: Ursprünglich war es mit dem benachbarten Gastrogebäude verbunden, das direkt am See stand. Die Gartenmauer grenzte damals ans Wasser. Vor dem Umbau in ein Restaurant wurden im Gebäude diverse Güter gelagert und verschifft. Es diente eine Zeit lang als Fischhandlung, als Postgebäude und auch als Polizeistation mit Gefängnis. «Es gibt nichts, was es nicht einmal war», fasst Bettina die abenteuerliche Vergangenheit ihres Zuhauses zusammen.

Das Haus ist für Bettina und Tony zu gross geworden.

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Heute ist es ruhig im Haus. Mittlerweile sind die drei Töchter des Paars ausgezogen. Ein Freund lebt in der Einliegerwohnung. «Unsere Gäste sagen oft, dass es sich bei uns wie in den Ferien anfühlt», erzählt Tony. Tatsächlich: Der begrünte Innenhof erinnert an Italien, die Geräusche des Zürichsees an das Meer. «Von fast allen Zimmern aus sieht man aufs Wasser», so Bettina. Diese Weite lasse einen frei atmen.

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«Das Haus ist mit seinen über 250 Quadratmetern für uns nun zu gross geworden», sagt Tony. Es gibt die Idee, es in zwei Wohnungen zu unterteilen, so wie es ursprünglich konzipiert war. «Die Zwillinge ziehen dann mit ihren Familien ein», so Bettina. Dass das Haus in der Familie bleibt, war ihre Bedingung für einen Wohnortwechsel. Tony und sie ziehen dann in einen Neubau, den sie mit Freunden in Erlenbach realisieren.

Auch dort können sie selbstbestimmt wohnen – nur zehn Gehminuten von ihrem heutigen Zuhause entfernt. Die Veränderung sorge trotzdem für ambivalente Gefühle, räumt Tony ein. «Die Planung des Neubaus und die Diskussionen in der Familie waren ein langwieriger Prozess.» Bettina und Tony geniessen das Haus und vor allem die Nähe zum See in diesen Monaten umso intensiver – bevor sie im Herbst das nächste Wohnkapitel aufschlagen.

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