Stadt & Geschichte | Bauten im Wandel

Abkühlung nur für Zürcherinnen

Text: Eva Hediger Bilder: Baugeschichtliches Archiv

Weil im 19. Jahrhundert nicht alle Zürcher:innen ein eigenes Badzimmer hatten, boomten öffentliche Badeanstalten. Die Frauenbadi direkt in der Limmat war eine davon. Sie ist noch immer beliebt – wenn auch aus anderen Gründen.

Im Sommer erscheinen regelmässig Artikel, in denen Journalistinnen von der Frauenbadi schwärmen. Wie gut sie sich dort entspannen und abkühlen können, wie besonders die Stimmung ganz ohne Männer sei. Diese haben noch immer keinen Eintritt in die Badeanstalt an der Limmat. Denn das ursprüngliche Reglement der Frauenbadi wurde diesbezüglich nie angepasst.

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Frauen in der Badeanstalt Mythenquai, Datum unbekannt.

Nur wenige Zürcher:innen hatten ein privates Bad.

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Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die meisten Zürcher Häuser noch ohne Badezimmer. Weil öffentliches Baden vor allem für Frauen verpönt war, wuschen sich diese nachts in den vielen Brunnen der Stadt. 1837 liess der Stadtrat schliesslich ein «Badehaus für Frauenzimmer» bauen. Das kleine, von aussen nicht einsehbare Haus auf Pfählen stand beim Bauschänzli in der Limmat. Bereits ein Jahr später wurde es erweitert.

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(Bild: Baugeschichtliches Archiv, Photolob)

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In den folgenden Jahren eröffnete die Stadt weitere reine Frauenbäder, einige wurden extra gebaut. So auch die Anstalt am Mühlesteg. Sie richtete sich besonders an Arme. Der Eintritt war daher frei.

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Die damalige Anstalt am Mühlesteg

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1888 erneuerte die Stadt schliesslich die erste Frauenbadi in der Limmat. Der Jugendstil-Kastenbau trieb im Fluss. Er entsprach mit seiner Kuppel und den vier Ecktürmchen zumindest in den Grundzügen der heutigen Anlage.

Sie ist immer noch eine der schönsten Badis der Schweiz.

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Die Frauenbadi Mitte der 80er (Bild: Baugeschichtliches Archiv, Fotograf: Küenzi Erwin)

Die grösseren baulichen Anpassungen zeigen, wie sich die Gesellschaft und ihre Bedürfnisse verändert haben: Früher gab es Einzelkabinen, in denen sich die Frauen ungestört waschen konnten – heute ist es ein Ort der gemeinsamen Entspannung.

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Herzstück ist die Liegefläche, die direkt auf der Limmat treibt. In den zwei über dreissig Meter langen Becken können sich Schwimmerinnen und Nichtschwimmerinnen erfrischen.

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Einzig am Abend dürfen alle in diese Badi.

Das Frauenbad sorgt auch für Schlagzeilen. So berichteten im Sommer 2022 verschiedene News-Plattformen von Drohnen, welche die badenden Frauen belästigen würden. Ebenfalls letztes Jahr schrieben mehrere Tageszeitungen von einer Person, welcher der Einlass verwehrt worden war: Sie trug einen Schnauz – wurde also als Mann gelesen.

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Doch ihr Ausweis zeigte, dass sie sich als Frau identifiziert. In einem Interview mit dem «Tagblatt» erklärte Sigmond Richli von Transgender Network Switzerland: «Das Recht einer trans Frau, eine Frauenbadi zu betreten, kann nicht deswegen beschnitten werden, weil hypothetisch ein Mann dieses Recht ausnutzen kann, indem er sich als Frau ausgibt.»

In der Frauenbadi kann jeweils an drei Abenden in der Woche getrunken und getanzt werden. Die «Barfussbar» ist garantiert für alle offen.

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