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Alles, was Hecht ist: Fisch aus dem Zürichsee

Kolumne: Hans Georg «HG» Hildebrandt Fotos: William Schäppi

Was üblicherweise der Gastronomie vorbehalten bleibt, ist derzeit für vernünftiges Geld unglaublich frisch und direkt zu haben: Fische aus dem Zürichsee. Aktuell zum Beispiel Hecht. Unser Gastro-Kolumnist Hans Georg «HG» Hildebrandt verrät, wie er den Fisch am liebsten zubereitet.

Der Zürcher Berufsfischer Adrian Gerny beliefert normalerweise den Vielfachgastronomen Michel Péclard, namentlich dessen Restaurant Fischers Fritz in Wollishofen gleich neben dem Campingplatz. Adrian lebt seit 2008 vom Fischen und zieht an einem durchschnittlichen Tag rund 50 kg Fisch aus dem Wasser. Er hat auf dem Campingplatz einen Raum gemietet, wo er die gefangenen Fische ausnimmt und für die Zubereitung durch Péclards Küchenteam vorbereitet.

Aber die Gastronomie dürfte noch länger auf Eis liegen. Als ich auf Facebook Michel Péclards Aufruf las, sich bei Adrian mit frischem Zürichsee-Fisch einzudecken, griff ich zum Telefon und bestellte mir einen halben Hecht, tranchiert, sowie den Kopf und die Leber – Hecht hat derzeit Saison.

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Der Hecht trägt seinen Namen zu Recht. Der lateinisch Esox lucius und auf Englisch Pike gerufene Fisch ist ein geiler Siech, wie er da im grünen Wasser auf Beute lauert, sie kampfschwimmermässig fängt und sich dann einverleibt. Es kann übrigens auch mal eine Baby-Ente treffen, so ist er drauf, der Hecht! Bei einem solchen Brutalo ist das schlechte Gewissen etwas milder, wenn man bei Adrian Gerny vor dem kleinen Kühlhäuschen steht und er einem um 10 Uhr morgens den in aller Herrgottsfrühe gefangenen Fisch in Tranchen geschnitten überreicht. Kopf und Leber bekam ich separat. Hechtfleisch hat den besten Biss und den meisten Geschmack von allen Süsswasserfischen. Nachteil: Der Hecht ist ein Gufechüssi, also Nadelkissen – sein Fleisch hat viele Gräten.

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Hechtfleisch hat den besten Biss.

Warum ich Adrian Gerny den Kopf des Hechts abkaufte: Er besitzt eine Menge Gelatine und man kann ihn zuerst aus- und dann einkochen (Kopf grosszügig mit Wasser bedeckt mit einer aufgeschnittenen Zwiebel, einem Lorbeerblatt und einer Nelke sowie drei Blättchen Estragon während zwei Stunden simmern lassen, nicht sprudelnd sieden, anschliessend abseihen und noch mal um etwa ein Viertel reduzieren, salzen). Mit dem Fleisch des Kopfes, das man natürlich raussortieren muss, und etwas zusätzlichem entgrätetem Hechtfleisch kann man Rillettes de Brochet machen, also eine Art Terrine, in der sich das Hechtfleisch dank der Gelatine des Hechtkopfes für etwa eine Woche haltbar machen lässt. Kann man auf einem Stück Toastbrot reichen. Die Hechtsuppe kann man aber auch als Basis für eine Bouillabaisse vom Süsswasserfisch verwenden; Adrian Gerni verkauft beispielsweise entgrätete Brachsmen oder Trüschen. Dazu würde ich noch ein paar Flusskrebse im Hechtfond schonend auskochen; die findet man im Frischeparadies beim Letzigrund. Ich würde aus Gründen des Purismus keine Meerfische mit einem Hechtfond kombinieren.

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Die Tranchen vom Hecht habe ich durch einen Bierteig gezogen und im heissen Öl ausgebacken – es ist dies jedoch leider nicht meine Kernkompetenz. Der Bierteig geriet mir zu flüssig und mochte am Hechtfleisch nicht recht haften; das hat unter anderem damit zu tun, dass ich keine Friteuse besitze und ungern meine offene Küche mit Öldunst einneble. Die Tranchen waren jedoch immer noch sehr delikat.

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Das ist kein Rezept für Anfänger.

Nun zur Leber des Esox lucius. Die ist recht gross und extrem fein texturiert. Natürlich sollte sie so frisch wie möglich genossen werden und auch nicht lange im Vakuumbeutel sein, da das empfindliche Gewebe durch den Druck des anliegenden Beutels an Jus verliert. Man darf sie nicht roh essen wie die Leber von Coregonen (Felchen etc.), denn das Tier kann vom Hechtbandwurm befallen sein. Ich habe mir einige Rezepte für Hechtleber angesehen und mir überlegt, sie auf meinem japanischen Tischgrill zuzubereiten, wurde dann aber von meiner Fressbubble in den Social Media eines Besseren belehrt. Die Hechtleber würde durch den Grillgeschmack nichts dazugewinnen. Was nun folgt, mag für fortgeschrittene Köche sein, aber ich kann euch nur raten: Probiert es aus, es ist Nächstes-Level-Kochen.

Zutaten
1 Hechtleber (ca. 100 g)
1 Greenstar-Apfel
10 Blättchen Estragon
1 EL Mehl Butter (Bio)
2 cl Absinthe Larusée 57 %
½ TL Zitronensaft
1 TL Limettensaft
Maldon-Salz

Zubereitung
Den Apfel schneidet man in dünne, viertelradiale Stücke. In etwas Butter anbraten und gleich den Zitronensaft dazugeben, damit das Fruchtfleisch nicht braun wird. Bei ordentlich Wärme ziehen lassen und nach etwa 2 Minuten mit dem Limettensaft ablöschen. Anschliessend auf zwei warmen Tellern vorbereiten.

Die Leber legt man flach vor sich hin und schneidet Stücke von ca. 2 cm Kantenlänge. In der beschichteten Pfanne Butter aufschäumen lassen und währenddem die Leber mit Mehl bestäuben. Anschliessend die Leberstücke in einem Rutsch in die heisse Butter geben und etwa 2 Minuten lang sautieren. Mit dem Absinthe ablöschen. Man kann an einem Stücklein testen, ob die Leber durch ist – falls nicht, noch mal eine Minute anhängen. Pfanne immer kräftig bewegen. Kurz vor Schluss die Estragonblättchen dazugeben und leicht anwelken lassen. Auf den Apfelstückli anrichten. Mit Maldon-Salz und wenig geschrotetem weissem Pfeffer bestreuen.

Adresse

Fischerei Adrian Gerny GmbH
Seestrasse 559
8038 Zürich
+41 79 472 76 09 
Website