Kultur & Nachtleben

Open-Air-Kino am Zürichhorn: der Überflieger

Text: Reto Baer

Schon zum 30. Mal lockt das Open-Air-Kino am Zürichhorn Tausende von Filmfans an. Direkt am See kann man Hollywood-Blockbuster und Arthouse-Filme unter freiem Himmel geniessen. Zum Beispiel den auf wahren Begebenheiten basierenden Kracher «Barry Seal» (27. Juli) oder das berührende Drama «Ella & John» (28. Juli). Wir verlosen 10x2 Tickets. Schicke uns bis am 22. Juli, 12 Uhr, eine Mail an hello@hellozurich.ch. Wähle als Betreff den Film, den du sehen willst – also entweder «Barry Seal» oder «Ella & John».

Jeder hat wohl seine eigenen Erinnerungen an Erlebnisse in einem Freiluft-Kino. Vielleicht war man dabei, als im Open-Air-Kino am Zürichhorn «The Perfect Storm» mit George Clooney tatsächlich in strömendem Regen gezeigt wurde. Oder vielleicht sass man im Publikum, als im Kino am See – so hiess das Allianz Cinema damals noch – «A Passage to India» unter sternenklarem Himmel lief und gerade in dem Moment, als die Hauptfigur auf einem Ozeandampfer den Vollmond betrachtete, rechts von der Leinwand ein hell erleuchtetes Zürichseeschiff zum Vorschein kam, als ob die Fiktion in die Realität hinüber floss. Ein Raunen ging durchs Publikum. Solche unvergesslichen Momente sind nur in einem Kino unter freiem Himmel möglich.

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1989 fand das Kino am See zum ersten Mal statt und ist seither nicht mehr aus Zürichs Event-Kalender wegzudenken. Ursprünglich war es als Schönwetter-Anlass geplant. Doch als im ersten Sommer «Blues Brothers» auf dem Programm stand, war Dauerregen angesagt. Trotzdem erschien das Publikum in Scharen und setzte die Durchführung der Vorstellung durch. Seither gilt: Das Open-Air-Kino findet bei jeder Witterung statt.

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Mit 350 Quadratmetern gehört die Leinwand zu den grössten aller Schweizer Open-Air-Kinos.

Jedes Jahr wollen jeweils rund 50’000 Leute die einzigartige Atmosphäre am Zürichhorn geniessen. Heuer schon zum 30. Mal. Seit 2016 heisst der Anlass dem Sponsor entsprechend Allianz Cinema. Mit 350 Quadratmetern gehört die Leinwand zu den grössten aller Schweizer Open-Air-Kinos. Das gibt Actionabenteuern die nötige Wucht. Zum Beispiel, wenn Tom Cruise als Titelheld in «Barry Seal: Only in America» von der fliegenden US-Drogenbehörde aufgefordert wird, sein Kleinflugzeug zu landen, und dies auf der Stelle tut: in einem Wohnquartier, wo Bäume die Flügel seiner Propellermaschine abrasieren.

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Tom Cruise als schlitzohriger Schmuggler Barry Seal

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Statt mit leerem Flugzeug zurückzufliegen, hat Seal dann für Pablo Escobar Drogen in die USA geschmuggelt und somit gleich doppelt verdient.

Das Flugzeug ist zwar im Eimer, aber Barry Seal nicht im Kittchen. Denn so entkommt das Schlitzohr der Drogenpolizei, die natürlich meinte, er solle auf dem nächsten Flughafen landen. Das Verrückte am Ganzen: Barry Seal hat es wirklich gegeben. Der Pilot hat in den 80er-Jahren tatsächlich im Auftrag der CIA Waffen an die rebellischen Contras in Nicaragua geliefert. Statt mit leerem Flugzeug zurückzufliegen, hat Seal dann für Pablo Escobar Drogen in die USA geschmuggelt und somit gleich doppelt verdient.

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Barry Seal und seine Frau Lucy (Sarah Wright)

Um das Groteske dieser Situation zu betonen, inszeniert Regisseur Doug Liman die «wahre» Geschichte als Actionkomödie. Und Tom Cruise wirkt als Barry Seal erfrischend frech. Der Star geniesst es sichtlich, diesen einerseits durchtriebenen, anderseits naiven Draufgänger zu spielen. Action, Situationskomik und Zeitkolorit sorgen für beste Unterhaltung.

Weniger unbeschwert ist die Geschichte, die das Drama «Ella & John» erzählt. Denn John leidet an Demenz.

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Helen Mirren und Donald Sutherland überzeugen als Ella und John.

Weniger unbeschwert ist die Geschichte, die das Drama «Ella & John» erzählt. Denn John (Donald Sutherland) leidet an Demenz. Es geht ihm allerdings noch so gut, dass er teils mitkriegt, wenn er Aussetzer hat. Und das findet er nicht so toll. Zusammen mit seiner Frau Ella (Helen Mirren) macht er sich schliesslich noch einmal auf eine Reise mit ihrem alten Wohnmobil. Ihre erwachsenen Kinder sind darüber ebenso verärgert wie besorgt und versuchen, die beiden zu finden. Doch Ella will gar nicht gefunden werden, sondern John, dem ehemaligen Literaturprofessor, eine besondere Freude machen und ihm das Hemingway-Haus in Key West zeigen.

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Die Fahrt der US-Ostküste entlang bis in den Süden Floridas ist auch eine Reise durch Erinnerungen, die für John vielleicht bald ganz verblassen. Deshalb hat Ella den Diaprojektor eingepackt und schaut sich jeden Abend mit ihrem Liebsten Fotos aus ihrer 50-jährigen Ehe an. Das ist nicht nur berührend, sondern zum Teil durchaus auch lustig. Denn trotz seines Schicksals verliert das alte Ehepaar nur selten den Humor.

Wann kriegt man sonst schon die Gelegenheit, so einen kleinen, intimen Film auf einer so grossen Leinwand wie am Zürichhorn zu sehen?

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Der Hauptdarsteller Donald Sutherland ist Kanadier, seine Filmpartnerin Helen Mirren Engländerin, der Regisseur Paolo Virzì Italiener und sämtliche Drehorte liegen in den USA. Ein wahrhaft internationaler Film also und nicht, wie man meinen könnte, ein amerikanisches Tränendrüsen-Melodrama, sondern eine vielschichtige Geschichte mit zwei Altstars in Topform. Wann kriegt man sonst schon die Gelegenheit, so einen kleinen, intimen Film auf einer so grossen Leinwand wie am Zürichhorn zu sehen?

Adresse

Allianz Cinema Zürich
Zürichhorn
8008 Zürich

Infos

Freitag, 27. Juli: «Barry Seal»
Samstag, 28. Juli: «Ella & John»

Filmbeginn jeweils ca. 21.15 Uhr, Eintritt 24 Franken, Abendkasse ab 19 Uhr; es wird empfohlen, den Vorverkauf zu benutzen. Das komplette Programm findest du hier.